Chronik

Die Alt-Espelkämper „Seite-1-Schützen“
Als Vorsitzende (Majore) repräsentierten sie den Verein in den nunmehr über 100 Jahren in ihren jeweiligen Epochen und prägten entscheidend die erfolgreiche Vereinsentwicklung. Außerdem interessant: Alle Nachkriegsmajore waren vor oder während ihrer „Regierungszeit“ auch Majestäten der Alt-Espelkämper Schützen.

Von links nach rechts: Mitbegründer & Vereinswirt, 1. Major und 1. Schützenkönig 1924: August Kahmeyer mit seiner Königin (im Hintergrund das Gründungslokal). Daneben die Majore August Klicker (1925-1931), Heinrich Kreybohm (1931-1934) und Wilhelm Tirre (1934 – 1949). Nach dem Krieg – ab der Mitte des letzten Jahrhunderts – folgten Willi Coors (1949 – 1954), Wilhelm Sander (1954 – 1969), Wilhelm Heimsath (1969 – 1979), Walter Dahl (1979 bis 1993) und Gerhard Peper (1993 – 2000). Mit Beginn des neuen Jahrtausends, also von 2000 bis 2010, führte Jürgen Heimsath als zehnter Major die über 400 Schützen. Seit 2011 stand nun Wilfried Pirschel als Major unserem Verein vor. Als Vorsitzender führte er mit der Unterstützung seiner Vorstandskollegen den Schützenverein Espelkamp-Alt in die Zukunft! Mit beginn des Jahres 2018 ist der aktuelle Major Michael Hoischen!
Rückblick auf das Vereinsleben
Nach den Wirren des 1. Weltkrieges dauerte es lange Zeit, bis sich die Espelkämper Bevölkerung von den Schrecken dieser Jahre erholt hatte und es möglich war, die bereits vor dieser Zeit geplante Gründung des Schützenvereins durchzuführen. So kam es 1924 beim damaligen Gastwirt August Kahmeyer zur Gründung unseres Schützenvereins, dem spontan 46 Personen beitraten. Im Laufe des Jahres erhöhte sich die Mitgliederzahl auf 95.
Zweck und Ziele des Vereins waren laut Satzung „die Pflege des Schießsports, der Kameradschaft und der Geselligkeit.“ Das gefällt uns auch heute noch gut und wir wollen auch nichts daran ändern. Zum ersten Major wurde 1924 der Gastwirt August Kahmeyer gewählt und bereits im Jahre 1925 sollte das erste Schützenfest gefeiert werden. Dazu rief Fritz Blase einen Spielmannszug ins Leben. Der erste Schießstand wurde an der Fabbenstedter Straße am Waldbach errichtet.
Das Erscheinungsbild des Vereins war damals noch ein wenig anders als heute. Die Vorstandsmitglieder trugen zum bis obenhin zugeknöpften Uniformrock einen Degen. Die übrigen Schützen trugen eine schwarze Jacke, ein weißes Hemd mit Krawatte, die Uniformmütze und ein Holzgewehr, mit dem noch exerziert wurde. Der Schützenkönig erschien im schwarzen Anzug mit Schützenmütze, oft auch mit Zylinder. Hoch zu Ross saßen der Major und sein Bataillonsadjutant.
Im Jahre 1928 beschloss der Vorstand, eine Fahne für 423,25 Reichsmark anzuschaffen, die auf dem Schützenfest geweiht wurde. Hierzu kamen die Schützenvereine aus Rahden, Kleinendorf, Sielhorst, Varlheide, Wehe, Tonnenheide und Gestringen zusammen.
Zwei Tage wurde das Schützenfest zur damaligen Zeit gefeiert. Nach dem ersten Tag war bereits um 5.00 Uhr Wecken und um 6.00 Uhr marschierte die Kompanie zum Schießstand, um dort den neuen Schützenkönig zu ermitteln. Bis 10.00 Uhr musste der Adler gefallen sein, so war es mit der Kirche vereinbart; denn dann begann der Gottesdienst.
Nach dem „Königsschuss“ bestieg der Bataillonsadjutant sein Pferd und ritt zur neuen Königsresidenz, um der Königin einen ersten Gruß zu überbringen. Die Nachbarschaft wurde informiert, damit Hof und Weg noch geschmückt werden konnten und Getränke für die Schützen bereitstanden.
Am Mittag nahm der Vereinsvorsitzende unter den Klängen der Melodie: „Ich habe mich ergeben“ die Krönung des neuen Schützenkönigs vor. Der Verein marschierte geschlossen zum Königshof, um sich dort bei einem kurzen Aufenthalt zu stärken. Anschließend ging es zurück zum Festplatz. Am Nachmittag wurde der König von seiner Residenz abgeholt und zum Festplatz begleitet. Im Festzelt gab es die Beförderungen, Auszeichnungen, aber auch einige Bestrafungen. Die damalige Chronik schreibt über den weiteren Verlauf des Festes:
„Inzwischen haben sich auch die Schützenfrauen und Bräute eingefunden. Die Musik, unermüdlich, wie sie ist, wartet mit den besten alten und neuen Tanzweisen auf, so dass auch die Tänzer auf ihre Kosten kommen. Währenddessen sind andere Schützen voll und ganz damit beschäftigt, den Festwirten die Fässer und Flaschen zu entleeren. Es herrscht sehr bald eine Stimmung und Ausgelassenheit, die nicht zu überbieten ist…“
1935 wurde das Grundstück von August Kahmeyer anderweitig genutzt und der Schießstand musste weichen. Der Bauer Wilhelm Wehebrink Nr. 2 stellte auf seinem Hofe einen schön gelegenen, von Eichen umsäumten, Platz für den neuen Schießstand zu Verfügung.
1939 wurde noch einmal ein Schützenfest gefeiert, doch mit Beginn des 2. Weltkrieges am 1. September 1939 trat Stillstand in das Vereinsleben ein. Insgesamt 54 Schützenkameraden wurden an die Front gerufen. Von ihnen kehrten 34 Schützenbrüder nicht Heim. Der Schützenverein schickte Weihnachtspäckchen an die Eingezogenen, um die Verbundenheit mit der Heimat zum Ausdruck zu bringen.
1949 wagte Major Wilhelm Tirre (Sudmeier) einen Neuanfang. Das gelang und so wurde in diesem Jahr bereits wieder ein Schützenfest gefeiert und das vier Tage lang. Die Gaststätten Heitkamp und Bohne wechselten sich nun in der Ausrichtung der Feste jährlich ab.
Im Frühsommer 1949 verstarb Wilhelm Tirre und Willy Coors wurde sein Nachfolger. Es traten allein auf einer Versammlung in diesem Jahre 56 neue Mitglieder dem Verein bei. Im Jahre 1954 übernahm Wilhelm Sander die Führung des Vereins und führte den Aufbau zielstrebig fort. Der Scheibenstand „Unter den Eichen“ wurde 1955 modernisiert und mit einer Scheibenzuganlage ausgerüstet. In diesem Jahr wurde die Satzung des Vereins leicht verändert, um der Gegenwart angepasst zu sein, ein zweites Mal 1973.
Ein großes Fest wurde 1958 gefeiert, als Arthur Kolbus, einer der großen Gönner unseres Vereins, Schützenkönig wurde. Er war auch die fördernde Person bei der automatischen Scheibenzuganlage, einem Erweiterungsbau und beim Bau der Schützenhalle auf Wehebrinks Hof im Jahre 1964.
In jene Jahre (genauer 1961) fiel auch die Gründung des Kanonenzuges mit Anschaffung des Mannschaftswagens mit Haubitze unter Gerhard Heitmann.
1966 änderte sich aufgrund einer neuen Grenzziehung Grundsätzliches für den Schützenverein: Rund 400 Einwohner in 76 Häusern gehörten durch die kommunale Neuordnung plötzlich zu Rahden. Auch der Schützenplatz mit der Bebauung gehörte dazu. Der Schützenverein reagierte sehr diplomatisch und entwarf ein Emblem mit den Wappen der Städte Espelkamp und Rahden.
Das erste Feuerwerk wurde nach dem Zapfenstreich 1967 abgebrannt. Es fand großen Beifall und ist auch heute noch eine der Attraktionen unseres Festes, zu dem Besucher von weither kommen, um sich daran zu erfreuen. Von diesem Jahr an wurde das Königsschießen auf 10.00 Uhr verlegt, in den späteren Jahren auf 10.30 Uhr. 1969 wurden neben der Kapelle Rose die Dominos engagiert. Mit dem modernen Sound waren sie eine Garantie für den Zuspruch von jungen Leuten.
50 jähriges Jubiläum
Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte war das 50-jährige Jubiläum des Vereins im Jahre 1974 mit Fahnenweihe. Ein großes Feuerwerk leitete das Fest ein und die Kapelle Rose spielte nunmehr seit 50 Jahren. Major Willi Heimsath überreichte dafür Siegfried Rose eine „goldene Rose“. Exkönig Willi Grütz aus Gelsenkirchen überreichte dem Verein eine Ehrentafel mit den Namen aller bisherigen Schützenkönige. Auf dem Sportplatz an der Schulstraßse fand die Weihe der von Ursula Heitmann gestifteten neuen Vereinsfahne statt. Über 1100 Schützen und sonstige Gäste wohnten dieser Zeremonie bei. Jubiläumskönig Dieter Spreen mit Königin Petra, und Jungschützenkönigin Ingrid Rehling mit Prinzgemahl Jürgen Heimsath repräsentierten den Schützenverein Espelkamp-Alt.
Im Jahre 1976 konnte der Verein seinen ersten Kreiskönig beglückwünschen. Werner Schwettmann schaffte das seltene Kunststück, von 31 Königen das beste Schießergebnis zu erzielen.
1983/84 wurde die Schiesshalle erneut erweitert, ein achtbahniger Luftgewehrstand wurde gebaut. Ein Großteil der Kosten konnte durch eine Spende von Gerhard Heitmann gedeckt werden.
1994 konnten wir mit Michael Tirre zum ersten, aber leider bisher letzten, Mal einen Kreisjungkönig stellen.
Im Jahre 1999 gelang Dieter Spreen etwas ganz Besonderes. Nachdem er 1974 zum 50-jährigen Jubiläum zum ersten Mal König wurde, wiederholte er dieses Kunststück zum 75-jährigen Jubiläum und regierte als Kaiser.
Ein weiteres Highlight des Jahres 1999 war für den Verein die Ausrichtung des Kreiskönigsschiessens, welches im Saal des Hotel Bohne und einem zusätzlichen, angrenzenden Festzelt stattfand, um alle Besucher unterbringen zu können. Die Könige wurden hierbei von unserer Kanonenhaubitze zwischen den beiden Veranstaltungsorten hin- und hergefahren und der Spielmannszug erfreute die Besucher mit zahlreichen Bühnenstücken.
Das neue Jahrtausend
2002/03 stand das Schützenhaus erneut im Mittelpunkt umfangreicher Baumaßnahmen. Es wurde komplett renoviert, inklusive dem Einbau einer Zentralheizung, neuer Fensteranlage und einem neuen Adlerstand. Ferner wurde ein vierbahniger KK-Stand gebaut.
Im Jahr 2013 konnten der Verein mit Susanne Borkowski zum zweiten Mal (nach Werner Schwettmann im Jahre 1976) einen Kreiskönig bzw. eine Kreiskönigin stellen, welche uns auf Kreisebene würdig vertrat. Mit fünf „astreinen 10en“ in Folge war ihr der Sieg und somit die Kreiskönigswürde nicht mehr zu nehmen.
2014 stand das Schützenfest im „Zeichen der Musik“, denn der Spielmannszug feiert sein 90-jähriges Bestehen mit einem „Kreisspielmannszugtreffen“. Alle Spielmannszüge des Schützenkreises kamen, um uns mit ihren Bühnenstücken zu erfreuen, bevor das Treffen mit dem traditionellen, gemeinsamen „Preußens Gloria“ ein glorreiches Ende fand.
Die Jahre 2020 sowie 2021 bleiben (auch gesamtgesellschaftlich) leider in nicht ganz so guter Erinnerung, denn die Vereine mussten aufgrund der Corona-Pandemie ihre Schützenfeste schweren Herzens absagen. Die festgelegten Corona-Schutzmaßnahmen machten ein Zeltfest solcher Größenordnung unmöglich. Wie sehr unsere eigenen Schützen, Freunde von befreundeten Vereinen oder andere Besucher unser Schützenfest in dieser Zeit vermisst haben, konnten wir jedoch in den darauffolgenden Jahren sehen, in denen stetig neue Besucherrekorde aufgestellt wurden. Jedoch lag auch in den Corona-Jahren das Schützenwesen nicht komplett brach und es wurde versucht, Veranstaltungen und auch den Sportbetrieb zu realisieren, wenn dies mit den Schutzmaßnahmen vereinbar war.
Daher wurde die Corona-Zeit für eine große Modernisierung der Schießhalle, bei der vorrangig die Sanitäranlagen auf Hochglanz gebracht wurden, genutzt. Ein großer Dank des Vereins gilt hierbei den vielen fleißigen Helfern, die diese Baumaßnahme erst möglich gemacht haben. Diese Baumaßnahme hat zur Folge, dass sich unsere Schiesshalle nun „moderne Sportstätte“ nennen darf.


In dem Zuge dieser Modernisierung wird heutzutage der Kinderkönig nun auf einen „digitalen Adler“ mit einem Infrarotlaser-Gewehr ausgeschossen. Dies erlaubt es uns, auch bereits Kinder ab 8 Jahren zum Adlerschiessen zuzulassen.
2023 durften der Verein erneut das Kreiskönigsschiessen ausrichten, welches wie bereits 1999 im Saal des Hotel Bohne, diesmal jedoch mit zusätzlicher Nutzung des Biergartens und der Grünanlagen, stattfand. Nach dem offiziellen Einmarsch der Könige, begleitet durch die deutsche Nationalhymne, und den anschließenden Eröffnungsreden, stand der Tag komplett unter dem Motto „von Anfang an Vollgas“. Direkt ab Start heizte der DJ den zahlreichen Besuchern ordentlich ein und es wurde ein rauschendes „Kreiskönigsschiessen“ gefeiert, welches seinesgleichen sucht und von allen Besuchern in höchsten Tönen gelobt wurde.
100 jähriges Jubiläum
Und dann war es endlich so weit: 2024 konnten wir mit einem großen Festakt das 100-jährige Bestehen unseres Vereins mit einem Jubiläumsschützenfest feiern. Alle Vereine des Altkreises Lübbecke waren eingeladen, diesen Festakt mit uns zu begehen. Da der Platzbedarf für so viele Besucher und Freunde die Abmessungen unseres Festzeltes (und jeglicher durchdachter Vergrößerungsideen) gesprengt hätte, sind wir für den Festakt auf den Parkplatz des Hotel Bohne ausgewichen.

Zahlreiche Redner aus dem Schützenwesen, Vertreter der lokalen Politik sowie mit Pfarrerin Gisela Kortenbruck auch eine Vertreterin der Kirche lobten in ihren Festreden den großen Zusammenhalt und die Erhaltung von Traditionen in unserem Verein, bevor mit einem Sternenmarsch aller Vereine zum Festzelt marschiert wurde.
Der Festabend wurde zunächst mit einem imposanten Feuerwerk eingeläutet, um anschließend in ein wahnsinnig mitreißendes Fest überzugehen, von dem noch lange gesprochen werden wird und welches für immer in unseren Erinnerungen bleibt.
Den wortwörtlich „krönenden“ Abschluss des Jubiläumsfestes feierten wir mit dem Königsschießen am Pfingstmontag. Obwohl im Vorfeld viel gemunkelt wurde, ob Dieter Spreen nach 1974 sowie 1999 den „Königs-Jubiläums-Hattrick“ beim dritten großen Jubiläum in Folge hinlegen würde, konnte sich Thomas Flören diesmal als Sieger durchsetzen und darf sich von nun an „Jubiläumskaiser“ nennen, nachdem er 2011 bereits einmal die Königswürde erringen konnte.
Bei den Jungschützen obsiegte Steffen Rose nach ebenso spannendem Wettkampf. Wie sehr das Jubiläum ein Ansporn für die Königsanwärter war, zeigte sich dadurch, dass beide hölzerne Adler bereits nach rekordverdächtigen 90 Minuten erlegt worden waren.
Als Schluss gilt besonderer Dank den bisherigen Festwirten Werner Schwettmann, Willi Rethorn, Doris Gutknecht, Gerhard Eiberg und Carsten Bremer und Thorsten Schwarze mit denen der Verein in den gesamten 100 Jahren immer ein gutes Einvernehmen hatte.
Hoffentlich bleibt der Verein in dieser Stärke noch viele weitere Jahrzehnte bestehen, sodass wir diese Chronik in Zukunft noch um etliche Jahre erweitern können…